Salem - Gestern und Heute

Von Manfred Olszewski, langjähriger Mitarbeiter bei Salem International erhielten wir folgende Zeilen:

Grüß Gott! Herr Bürgermeister Wolfrum.

vor kurzem fand ich im Internet unter „Stadtsteinach – Geschichtliches“ ein Foto der ganz alten Postbauten, echt interessant für mich, und viel weiteren Text. 

Dann suchte ich das Stichwort „Salem“ – und war erfreut fündig geworden zu sein, hier tatsächlich etwas über Salem lesen zu können. Meine Enttäuschung jedoch folgte: da war nämlich lediglich die Rede als von einem Wanderweg „an der Salem-Anlage“ vorbei. Eine Fabrikanlage? Oder was für eine Anlage? Ich suchte weiter: da wurde von Betrieben geschrieben, und von den beiden Stadtsteinacher Nazi-Opfern Andreas Heiß und Michael Schnabrich – das fand ich besonders erfreulich, dass ihrer ehrend gedacht wird - und ziemlich weit unten erfuhr ich dann, dass „ein Kinderhilfswerk“ in Stadtsteinach war: ohne jeden Namenszusatz. Nichts stand da zu lesen von alledem, was aus der Wurzel Salem in Stadtsteinach und weithin in der Welt doch alles entstanden ist und größtenteils lebt und weiterlebt!

In allen Salemsiedlungen, in Europa, in Afrika, in Asien, in Nord- und Südamerika und Australien, es sind bis heute viele tausende junger Menschen, die Hilfe in der Not bei Salem gefunden haben. Bis heute sagen uns immer wieder viele „Ehemalige“, wie sehr sie Salem dankbar sind „für die schönste Zeit in ihren Kinderjahren!“  Wir meinen, die Stadtsteinacher und Besucher sollten wenigstens mit einigen Worten erfahren, was Salem für diese Stadt durchaus auch bedeutet hat:

1. In einer in den 70-er Jahren schwierigen wirtschaftlichen Lage Stadtsteinachs die Übernahme der ziemlich verwahrlosten Postbauten, die Renovierung begann, dann Schaffung eines Kinder- und Jugenddorfs, mit vielen damals in Stadtsteinach ersehnten neuen Arbeitsplätzen, Werkstätten, der Gästebetrieb, der Reitbetrieb, das Seniorenheim, medizinische Tagungen, Konzerte, biologisch-organischer Land- und Gartenbau und Wald-Neupflanzungen usw. ...  Der damalige Herr Bürgermeister Döll hat dies als wertschöpfend erkannt und gerne mit Salem und Gottfried Müller zusammengearbeitet. Mitarbeiter und zahlreiche Salemkinder aus den Großstädten, vor allem aus Berlin, fühlten sich in Stadtsteinach zuhause, manche blieben hier jahrelang oder wurden sogar in Stadtsteinach oder im Landkreis ansäßig, gründeten Familien.

2. Von Stadtsteinach aus (!) entstanden weitere Salem-Kinder- und Jugenddörfer:  in Höchheim-Unterfranken, dann in Kovahl im Landkreis Lüneburg-Niedersachsen. Ferner entstanden bedeutende Salemsiedlungen in Israel (dort heute mit 1400 Kindern in landesweit verstreuten Heimen und Ausbildungsbetrieben), in Uganda, in Ecuador, in Russland, in Maryland/USA, sowie jene, die später an einheimische Hilfsorganisationen zur Fortsetzung übergeben wurden: in New Hampshire/USA, in Kolumbien, in Australien, im Erdbebengebiet Paternopoli-Italien, in der Schweiz. Im Irak musste die Errichtung des Salem-Kinderdorfs nach Angriffen durch die ISIS abgebrochen werden.  Ebenfalls in Stadtsteinach fand das Institut für Alternativen zum Tierversuch zeitweilig eine Wirkungsstätte. Durch deren Forschungserfolge wurden beispielsweise die damals üblichen Gesetze zur Trinkwasserprüfung der Wasserbehörden mit lebenden Orfen ersetzt durch die erheblich kostengünstigere und dennoch sichere Trinkwasser-Prüfung mit Lupinen-Samen.

3. Die Idee von vegetarischer gesunder Lebensweise hat von Stadtsteinach aus zu einer Zeit ausgestrahlt, als Salem noch als „Sektierer“ dargestellt wurde und was beinahe zur Schließung des Betriebs durch die Gesundheitsbehörden geführt hätte, wenn nicht bedeutend Ärzte sich für Salem erfolgreich eingesetzt hätten, und zwar wegen der bei den Salemkindern regelmäßig von Prof. Dr.Mommsen und anderen international bekannten Fachleuten dokumentierten überdurchschnittlichen Gesundheit. Ursache: Vegetarische Vollwert-Kost aus biologisch-organischem Anbau, die seinerzeit in Deutschland nahezu unbekannt war. Dazu Sport und Reitsport mit Tierpflege, intensive musikalische Erziehung mit Aufführungen des Salem-Kinderdorf-Orchesters, 30 Kinder stark, unter dem Stadtsteinacher (!) Musikdirektor Poldi Schott, diese Konzerte in Mittel-Europa, in Vorder-Asien und in Nordamerika, einmalig davon,  mit Sondergenehmigung,   für die UNO.  
 Schade, dass Salem in der Geschichte von Stadtsteinach wie vergessen wirkt! Die Wurzeln sind vor hier aus vermehrt und lebendig geworden. Dürfen wir das in der Chronik von Stadtsteinach irgendwann doch erfahren? Oder hätte ich es an anderer Stelle in der Geschichte von Stadtsteinach finden können?

Mit freundlichem Gruß von mir, der ich vor über 50 Jahren schon Bürger von Stadtsteinach war, wenn auch zeitweise nur mit 2. Wohnsitz, und wie Sie sehen, Stadtsteinacher Bürger immer gerne blieb - und der die Entwicklung von Salem seit über 60 Jahren mitmachen durfte. Mit Freuden komme ich zu Ihnen, wenn Sie weitere Fragen an mich richten möchten.

Ihr
Manfred Olszewski