Aus der Geschichte der Schneidmühle

Die alte Schneidmühle hatte 1980 nach über 130 Jahren braver Arbeit ihren Dienst quittieren müssen. In der Regel bedeutet das entweder das Todesurteil oder eine seelenlose Instandsetzung für Urlauber - nur noch Zeuge der Vergangenheit, aber ohne echte Funktion.

Der „Schneidmühle am Hochofen“ bei Stadtsteinach erging es besser. Sie wurde so renoviert, dass sie heute wie eh und je die „Blöcher“ aus dem waldreichen Mittelgebirge zu Balken oder Bretter schneidet. „Blöcher“ sagten die Frankenwäldler zu den unbearbeiteten Stämmen, die direkt vom Einschlagort zur Schneidmühle kommen. Als die „Schneidmühle am Hochofen“ 1867/68 ihren Betrieb aufnahm, gab es genug von diesen „Blöchern“.

Ein gewaltiger Orkan war über den Frankenwald hinweggegangen und hatte ungezählte Baumriesen gefällt. Arbeit genug für die kleine Mühle am Eingang zu einem der romantischen Täler des Frankenwaldes, betrieben von den munteren Wassern der Steinach. Die Schneidmühle am Hochofen war ständig an die technischen Entwicklungen angepasst worden.

Als sie von Professor Paul Kuff von der Fachschule Düsseldorf entdeckt wurde, verfügte sie über ein durchaus gemischtes Innenleben, und auch das Äußere war typisch für den Wandel der Zeit. Das Mühlrad fehlte, es war schon 1912 einer Turbine geopfert worden. Aus diesem Grund mussten sich die Renoviere für eine bestimmte Entwicklungsphase entscheiden. Sie orientierten sich an dem ursprünglichen Gebäude aus dem Jahre 1867, dem Mühlrad (vor 1912) und an Fotos (vor 1932). Eine intensive Planung setzte ein, ehe Anfang 1982 die Renovierungsarbeiten aufgenommen wurden.

Professoren, Studentinnen und Studenten (auch andere, verwandter Fachbereiche) zerlegten die Mühle, sonderten unwiederbringlich Zerstörtes aus, verlegten den Spänebunker in das Untergeschoss, überholten und ergänzten die gesamten technischen Einrichtungen, holten von allen Seiten Ersatzteile herbei (einschließlich Mühlrad) und errichteten darüber das Gebäude so, wie es Johannes Kremer, der Ururgroßvater des jetzigen Schneidmüllers, geplant hatte. Professor Kuff: „Die Anlage kann bei geringem Vorschub und bei Einsatz weniger Sägen ausschließlich mit dem Antrieb des Mühlrades schneiden“.

Trotzdem: Wie bisher steht auch in der wiederbelebten Schneidmühle ein Elektromotor für höhere Schneidleistung zur Verfügung. Obwohl die Schneidmühle inzwischen ein Betrieb wie (fast) jeder andere geworden ist, unterscheidet sie sich doch: Schüler, Studenten und Urlauber sind herzlich eingeladen, ihr Innenleben zu studieren.

Der Blick in die Mühle lohnt sich, denn die ursprüngliche Ausstattung wie Regale, Ofen, Schreibpult, Hocker, Schrenkschemel, Hobelbank, Säumsägetisch und viele andere Kleinwerkzeuge sind wieder an ihren angestammten Plätzen. Selbst die Gefache sind mit alten, handgestrichenen Ziegeln ausgefüllt worden. Vom Gatter aus kann der Schneidmüller über ein doppeltes Hebelwerk den Schieber am Einlaufkanal des Mühlrades bedienen.

Bilder aus der Schneidmühle